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Das EBIT-Multiple-Verfahren

Bei einer Firmenbewertung kommt sehr häufig das Ebit-Multiple-Verfahren zum Einsatz.
Man muss aber die Schwachstellen dieses Verfahrens im Auge behalten, da nicht alle relevanten Kaufpreisfaktoren berücksichtigt werden.

Autor: Manfred Schenk

Darum geht es in diesem Artikel:

Ebit-Multiple-Verfahren

Inhaltsangabe

Sehr häufig wird das EBIT-Multiple-Verfahren als alleinige Bewertungsmethode für eine Unternehmensbewertung herangezogen. Das EBIT-Multiple-Verfahren ist zwar schnell und einfach anzuwenden ist, aber das Ergebnis ist in den meisten Fällen, sehr stark verzerrt. 

 

Hauptargumente gegen eine reine EBIT-Multiple-Bewertung:

Vereinfachte Betrachtung: Die Methode konzentriert sich ausschließlich auf eine Kennzahl und berücksichtigt nicht die komplexen Zusammenhänge innerhalb eines Unternehmens.

 

Vernachlässigung außerbilanzieller Faktoren: Qualitative Aspekte wie Management, Kundenstruktur oder technologisches Umfeld bleiben unberücksichtigt.

Keine Berücksichtigung von Bilanzbereinigungen: Verdeckte Kosten oder Gewinne in der Bilanz können zu einer falschen Bewertung führen.

Risikoprüfung: Die Identifizierung und Bewertung von Risiken ist entscheidend für eine genaue Bewertung.

Fazit:

Die alleinige Anwendung einer EBIT-Multiple-Bewertung ist ungeeignet für eine seriöse Unternehmensbewertung.

 

Eine umfassende Analyse, die sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte berücksichtigt, ist unerlässlich, um einen realistischen Unternehmenswert zu ermitteln.

 1. Was ist ein EBIT-Multiple – und wie berechnet man es?


Das EBIT zeigt, wie profitabel das Kerngeschäft eines Unternehmens ist, unabhängig davon, wie es finanziert wird (Zinsen) oder in welchem Land es seinen Sitz hat (Steuern).

Es berechnet sich so:

  • EBIT-Multiple = Enterprise Value (Unternehmenswert) ÷ EBIT

  • Dabei gilt: Je niedriger der Multiple, desto günstiger wirkt die Firma – aber nur auf den ersten Blick. 

 

Und so wird gerechnet:

Bei der Ebit-Multiple-Methode werden die Gewinne der letzten drei bis fünf Jahre (vor Zinsen und Steuern) zusammengezählt, durch die Anzahl der Jahre geteilt und dann mit einem „Hebel“ multipliziert.

 

Ein Beispiel:

  • Gewinn vor Zinsen und Steuer 2021: 230.000 €

  • Gewinn vor Zinsen und Steuer 2022: 200.000 €

  • Gewinn vor Zinsen und Steuer 2023: 240.000 €

  • Gewinn 2021 - 2023 Gesamt : 670.000 €. Im Durchschnitt: 223.000 €

  • Angewendeter Hebel: 5 x 223.000

Firmenwert: 1.1 Mio €.

 

2. Warum ist das EBIT-Multiple wichtig?


Mit der EBIT Bewertungsmethode erhalten Sie einen schnellen Überblick über die Gewinnsituation eines Unternehmens.

  • EBIT-Multiple berücksichtigt Gewinn und Schulden – also ein realistischeres Bild des Geschäftsbetriebes.

  • Es erlaubt den Vergleich von Firmen mit unterschiedlicher Kapitalstruktur – egal, ob sie Schulden oder Kassenbestand haben.

 

3. Was ist der Unterschied zwischen EBIT, EBITDA ?

  • Bei der Ermittlung des EBIT werden die Zinsen und Steuern vom Ergebnis (Gewinn) abgezogen. Die Abschreibungen werden nicht berücksichtigt.

  • Der EBITDA ist das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.

 

4. Wann verwendet man besser EBIT statt EBITDA?

 

Der EBIT ist aussagekräftiger als EBITDA in folgenden Situationen:

  • Kapitalintensive Branchen: In Branchen, die hohe Investitionen in Sachanlagen wie Maschinen, Gebäude oder Fahrzeuge tätigen (z.B. produzierendes Gewerbe, Transportunternehmen), sind Abschreibungen ein zentraler Teil der Kostenstruktur. Ignoriert man diese durch die Verwendung von EBITDA, wird die tatsächliche Rentabilität des Unternehmens stark überzeichnet.

  • Dauerhafte Erneuerungszyklen: Unternehmen, deren Anlagen regelmäßig ersetzt oder modernisiert werden müssen, können die Abschreibungen nicht einfach ignorieren. Sie repräsentieren den Kapitalbedarf, der für die zukünftige Geschäftstätigkeit notwendig ist. Das EBIT bildet diese Notwendigkeit ab, während das EBITDA einen "bereinigten" Wert liefert, der die Realität verzerrt.

  • Wahrnehmung des operativen Gewinns: Das EBIT wird oft als "Betriebsergebnis" oder "operativer Gewinn" verstanden. Es gibt Aufschluss darüber, wie profitabel das Kerngeschäft wirklich ist, bevor die Finanzierung (Zinsen) und staatliche Einflüsse (Steuern) berücksichtigt werden. Dies macht das EBIT zu einer präziseren Kennzahl für die Analyse der Effizienz des Unternehmens.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen: Wenn Abschreibungen eine relevante Kostenposition im Unternehmen sind, ist das EBIT die bessere Wahl. Das EBITDA eignet sich eher als Näherungswert für den operativen Cashflow oder zum Vergleich von Unternehmen mit sehr unterschiedlicher Vermögensstruktur, sollte aber niemals die einzige Kennzahl zur Bewertung sein.

 

5. Welche Risiken hat die EBIT-Multiple-Methode?

 

Hauptrisiken der EBIT-Multiple-Methode

 

  • Keine individuelle Berücksichtigung: Die Methode beruht auf der Annahme, dass ein Unternehmen dem Durchschnitt seiner Branche entspricht. Wichtige individuelle Faktoren, die den Wert stark beeinflussen können, wie beispielsweise einzigartige Risiken, eine hohe Abhängigkeit von Schlüsselpersonen (z. B. dem Inhaber) oder wenigen Großkunden, werden nicht berücksichtigt.

  • Wahl des Multiplikators: Die Auswahl des passenden Multiplikators ist kritisch und fehleranfällig. Ein ungeeigneter Branchenvergleich, die Verwendung veralteter Daten oder die unkritische Übernahme von Multiplikatoren aus ganz anderen Marktsegmenten können zu einer massiven Fehlbewertung führen.

 

Ungeeignet für bestimmte Unternehmen: Die Methode ist besonders ungeeignet für:

  • Start-ups und Wachstumsunternehmen: Da sie oft noch keinen stabilen oder positiven EBIT haben, kann die Methode keine sinnvolle Bewertung liefern.

  • Unternehmen mit stark schwankenden Erträgen: Eine einmalige hohe oder niedrige Gewinnsituation kann das Ergebnis verzerren.

  • Kapitalintensive Unternehmen: Während das EBIT Abschreibungen berücksichtigt, werden die tatsächlichen Investitionsbedarfe (CapEx) nicht explizit in die Bewertung einbezogen.

  • Mangelnde Berücksichtigung qualitativer Faktoren: Weiche Faktoren wie die Qualität des Managements, die Marktposition, die Innovationsfähigkeit, die Mitarbeiterstruktur oder das technologische Umfeld bleiben bei der rein quantitativen Methode außen vor.

  • Verzerrung durch bilanzpolitische Maßnahmen: Das EBIT kann durch buchhalterische Entscheidungen oder Sondereffekte (wie z.B. außergewöhnliche Rechtsstreitkosten, Umstrukturierungskosten oder Einmaleffekte) beeinflusst werden. Eine Bereinigung dieser Effekte ist zwingend notwendig, um einen nachhaltigen EBIT-Wert zu erhalten, was jedoch zusätzliche Annahmen erfordert.

 

6. Wovon hängt die Höhe des EBIT-Multiples ab?

 

Die Höhe eines EBIT-Multiples hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die sich grob in unternehmensinterne und externe Kriterien unterteilen lassen. Der Multiplikator ist letztlich ein Maß dafür, wie viel ein Käufer bereit ist, für den operativen Gewinn (EBIT) eines Unternehmens zu bezahlen.

1. Branchenzugehörigkeit und Marktumfeld

 

  • Wachstum und Zukunftsaussichten der Branche: Branchen mit hohem Wachstumspotenzial (z. B. IT, Software, Medizintechnik) erzielen in der Regel höhere Multiples als reifere, stagnierende Branchen (z. B. traditionelles Handwerk).

  • Innovationsgrad: Unternehmen in Branchen mit hohem Innovationsdruck und geistigem Eigentum (Patente, Markenrechte) werden oft höher bewertet.

  • Konkurrenzdruck: Ein geringer Wettbewerb und eine starke Marktposition führen zu höheren Multiples.

2. Unternehmensspezifische Faktoren

 

  • Unternehmensgröße: Größere Unternehmen haben oft eine höhere Marktmacht, sind weniger abhängig von einzelnen Kunden oder Mitarbeitern und haben in der Regel stabilere Prozesse. Das führt meist zu höheren Multiples.

  • Profitabilität und Margen: Unternehmen mit konstant hohen Margen und einer nachgewiesenen Profitabilität sind attraktiver für Käufer und erzielen deshalb höhere Multiples.

  • Wachstumshistorie: Ein stetiges und nachweisbares Wachstum in den letzten Jahren wirkt sich positiv auf den Multiplikator aus, da es auf ein hohes zukünftiges Potenzial hindeutet.

  • Abhängigkeiten: Eine starke Abhängigkeit von wenigen Kunden, Lieferanten oder dem Inhaber selbst (sog. Inhaberabhängigkeit) senkt den Multiplikator, da sie ein hohes Risiko für den potenziellen Käufer darstellt.

  • Nachfolgesituation und Managementteam: Ein professionelles, gut aufgestelltes Managementteam, das auch nach einem Verkauf weiterarbeiten kann, erhöht den Multiplikator. Ist das Unternehmen stark vom Inhaber abhängig und ist keine klare Nachfolge geregelt, drückt dies den Wert.

3. Finanzielle Struktur und Bilanzqualität

 

  • Kapitalbedarf: Wenn ein Unternehmen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs hohe Investitionen (CapEx) tätigen muss, sinkt der Multiplikator.

  • Bereinigtes EBIT: Sondereffekte und nicht-betriebsnotwendige Kosten (z. B. überhöhte Geschäftsführergehälter oder private Ausgaben) müssen bereinigt werden, um einen realistischen EBIT-Wert zu erhalten. Je weniger Bereinigungen notwendig sind, desto transparenter und attraktiver erscheint das Unternehmen.

4. Qualitative Faktoren

 

  • Mitarbeiterstruktur: Ein qualifiziertes, motiviertes und loyales Mitarbeiterteam ist ein großer Werttreiber und kann den Multiplikator erhöhen.

  • Prozesse und Organisation: Standardisierte Prozesse, saubere Dokumentation und ein etabliertes Qualitätsmanagement machen ein Unternehmen leichter übertragbar und somit wertvoller.

  • Markenbekanntheit und Reputation: Eine starke Marke und ein guter Ruf sind immaterielle Werte, die den Multiplikator positiv beeinflussen.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der EBIT-Multiple keine feste Größe ist. Er ist ein Indikator, der aus Transaktionen vergleichbarer Unternehmen abgeleitet wird und an die spezifischen Merkmale des zu bewertenden Unternehmens angepasst werden muss. Je stabiler, unabhängiger und zukunftsträchtiger ein Unternehmen aufgestellt ist, desto höher wird in der Regel der Multiplikator sein.

7. Wie finde ich das passende Multiple für meine Firma?


Das richtige Multiple zu finden, ist wie den passenden Schlüssel für ein Schloss zu suchen – jeder passt nur zu einem bestimmten Profil.

 

Bewertungskriterien:

  1. Branchenvergleich: Schau Sie sich an, welche Multiples in deiner Branche bei vergleichbaren Verkäufen gezahlt werden.
    Beispiel: Softwarefirmen haben oft Multiples von 8–15, Handwerksbetriebe eher 3–6.

  2. Unternehmensgröße und Stabilität: Größere, stabilere Firmen bekommen meist einen höheren Multiple, weil das Risiko geringer ist.

  3. Wachstumsaussichten: Firmen mit steigenden Umsätzen und klaren Expansionsplänen erzielen höhere Multiples.

  4. Besondere Stärken (USP): Ein Alleinstellungsmerkmal, starke Marke oder exklusive Kundenbeziehungen können den Multiple um 1–3 Punkte anheben.

  5. Risiken minimieren: Je weniger Abhängigkeit von einzelnen Kunden, Lieferanten oder Inhaber, desto höher der Multiple.

8. Was ist eine Bilanzbereinigung im Zusammenhang mit einem Ebit-Multiple Verfahren?

Bilanzbereinigung ist ein entscheidender Schritt im Zusammenhang mit dem EBIT-Multiple-Verfahren, um eine faire und realistische Bewertung eines Unternehmens zu ermöglichen. Dabei geht es darum, den ausgewiesenen EBIT-Wert um alle nicht-betriebsnotwendigen oder einmaligen Posten zu korrigieren, die die tatsächliche, nachhaltige Ertragskraft des Unternehmens verzerren.

Wichtigkeit der Bilanzbereinigung

 

Die Bilanzbereinigung ist essenziell, weil das EBIT-Multiple-Verfahren auf der Annahme basiert, dass der zugrunde liegende EBIT das nachhaltige Ergebnis des Kerngeschäfts widerspiegelt. Ohne Bereinigung würde der Wert des Unternehmens entweder zu hoch oder zu niedrig angesetzt, was für beide Seiten (Käufer und Verkäufer) zu einer inkorrekten Einschätzung führen würde.

Typische Posten, die bereinigt werden müssen

 

Die Bereinigung umfasst in der Regel zwei Bereiche: die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und die Bilanz selbst.

 

1. Bereinigung der GuV und des EBIT

 

Hier werden vor allem folgende Posten korrigiert:

  • Überhöhte oder zu niedrige Inhabergehälter: Wenn der Inhaber ein überdurchschnittlich hohes oder geringes Gehalt bezogen hat, wird dieses auf ein marktübliches Niveau korrigiert.

  • Einmalige Erträge oder Aufwendungen: Posten wie Veräußerungsgewinne, Rechtsstreitkosten, hohe Abfindungen oder Umstrukturierungskosten werden herausgerechnet, um den Blick auf das operative Ergebnis zu schärfen.

  • Private Ausgaben: Ausgaben, die eigentlich privat sind, aber über das Unternehmen gelaufen sind (z. B. Luxusautos, Reisen), werden vom EBIT abgezogen.

  • Atypische Mieten: Wenn das Unternehmen Gebäude vom Inhaber zu unüblichen Mietpreisen anmietet, wird die Miete an marktübliche Sätze angepasst.

2. Bereinigung der Bilanz

 

Auch die Bilanzpositionen müssen bereinigt werden, um den "tragenden" Wert des Unternehmens zu ermitteln:

  • Nicht-betriebsnotwendiges Vermögen: Vermögenswerte, die für den regulären Geschäftsbetrieb nicht erforderlich sind (z. B. private Immobilien, Kunstsammlungen, unnötig hohe Barbestände), werden aus der Bewertung herausgerechnet.

  • Sonderrückstellungen: Rückstellungen, die nicht dem normalen Geschäftsgang entsprechen, werden überprüft.

  • Stille Reserven: Insbesondere bei älteren Unternehmen können stille Reserven in Immobilien oder anderen Anlagegütern vorhanden sein, die bei einer realistischen Bewertung berücksichtigt werden müssen. .

 

Die korrigierten Bilanzwerte ermöglichen es, den Nettofinanzschuldenstand (Net Debt) genauer zu ermitteln, der vom ermittelten Unternehmenswert (Enterprise Value) abgezogen wird, um den Eigenkapitalwert zu erhalten.

 

Die Bilanzbereinigung ist somit kein reiner Rechenakt, sondern erfordert eine gründliche Analyse und ein tiefes Verständnis für die Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens. Nur so kann der bereinigte "nachhaltige EBIT" ermittelt werden, der als Basis für die Multiplikation dient und eine faire Bewertung ermöglicht.

9. Welche Multiplikatoren werden in der Regel angewendet? 

Hier ist eine Übersicht der am häufigsten angewendeten Multiplikatoren. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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